Mitarbeiterinnen von Caritas und Diakonie sprechen mit dem Bundespräsidenten über die Corona-Krise.Fotos: Andreas Schuppert
Eigentlich wollte er eine große Dankeschön-Party im Schloss Bellevue veranstalten - für Menschen, die das öffentliche Leben aufrechterhalten haben und für die der Lockdown eine besondere Herausforderung war: Pflegekräfte, Müllfahrer, Kassierer im Supermarkt. Aber wegen der andauernden Corona-Pandemie geht das nicht. Dafür trifft sich Steinmeier unter anderem mit Vertretern von sozialen Einrichtungen, wenn er im Land unterwegs ist. So nutzte er auch den Empfang der Erntekrone im Bildungsgut Schmochtitz St. Benno, um mit Mitarbeiterinnen von Caritas und Diakonie über ihre Erfahrungen während der Pandemie zu sprechen.
Eine von ihnen war Gerlinde Socke vom Caritasverband Oberlausitz. Sie ist seit über 20 Jahren bei der Caritas beschäftigt und arbeitet heute im Seniorentreff in Bautzen. Während der ersten Welle im März und April hat sie die alten Menschen besucht, die sonst in den Seniorentreff kommen. Die Angehörigen konnten sie nicht besuchen, Frau Socke war die einzige Ansprechperson. "Dafür waren die Menschen unendlich dankbar", antwortet sie auf die Frage des Bundespräsidenten nach ihren Erfahrungen in der Corona-Krise. "Das Schlimmste war die Einsamkeit der Betroffenen."
Pflege in der Gesellschaft stärken
Besonders harte Erfahrungen haben Sonja Rönsch und Viola Knappe von der Diakonissenanstalt Emmaus in Niesky gemacht. 50 Bewohner und Mitarbeiter haben sich im April in ihrem Altenpflegeheim infiziert. "Wir haben alle Türen zugemacht", erinnert sich Heimleiterin Viola Knappe. "Es war ein tiefes Loch, in das wir gefallen sind." Aber sie haben auch Positives erlebt. Anders als in vielen Einrichtungen hätten die Angehörigen zum Beispiel Verständnis für die Schutzmaßnahmen gezeigt. Das Schwierigste war die Pflege und Betreuung der Bewohner aufrechtzuerhalten, weil auch Mitarbeiter in Quarantäne mussten.
Zum ersten Mal nimmt der Bundespräsident die Erntekrone in der Oberlausitz entgegen: Nahrung ist nicht selbstverständlich.
Auf die Frage des Bundespräsidenten, was sich in Zukunft verbessern könnte, kann Gerlinde Socke leicht antworten: "Das Wichtigste wären einheitliche Regeln in einer Region, damit die alten Menschen und ihre Angehörigen nicht verunsichert werden." Zudem müsse die Öffentlichkeit stärker auf das Berufsbild Pflege aufmerksam werden. Die Pflege dürfe nicht nur in schwierigen Zeit wertgeschätzt werden. Was die Caritas-Mitarbeiterin aus der Krise ebenfalls gelernt hat, ist, dass die Menschen ähnlich wie bei der Flut zusammengehalten haben. "Die Krise hat uns auch gestärkt."
Vor dem Gespräch hatte der Bundespräsident mit Bischof Heinrich Timmervers und dem sächsischen Ministerpräsident Michael Kretschmer an einem Ökumenischen Gottesdienst zum Erntedankfest teilgenommen. Bei der Übergabe der Erntekrone betonte er, dass 2020 kein einfaches Jahr für die Landwirtschaft gewesen sei. Nahrung dürfe nicht als etwas Selbstverständliches gesehen werden. Es sei kein Naturgesetz, dass die Regale im Supermarkt jeden Tag voll sind, sagte Steinmeier. Die Erntekrone wird dem Bundespräsidenten traditionell vom Bauernverband und vom Landfrauenverband übergeben.
Andreas Schuppert, Caritasverband für das Bistum Dresden-Meißen e.V.