Von Jan Lange, Sächsische Zeitung
Wenn in Ostritz Freiwillige gebraucht werden, dann ist Georg Salditt meist dabei. Ob bei den Friedensfesten, dem Weihnachtsmarkt, Theateraufführungen, in der Kirchgemeinde, im Schulförderverein oder bei Stadtfesten. Auch jetzt in der Corona-Pandemie bleibt der 48-Jährige nicht tatenlos. "Als Familie hatten wir das Gefühl, dass wir nicht nur zusehen können, wenn sich im eigenen Ort die Pflegekräfte die Hacken ablaufen und unter der Mehrbelastung leiden", erzählt Georg Salditt.
Als die Kirchgemeinde ehrenamtliche Helfer für das Ostritzer Altenheim suchte, war für die Salditts sofort klar, sich zu melden. Der erste Anruf galt seinem Nachbarn Hubertus Ebermann, der das "St. Antoni Stift" leitet. Drei Aufgabenbereiche bot er der Ostritzer Familie an: Die Pflegekräfte im Schichtdienst unterstützen, bei der Ausgabe des Essens helfen oder den Besuchsdienst absichern.
Die beiden Töchter Elisabeth und Anna halfen ein paar Mal bei der Verteilung des Essens. Georg Salditt übernahm seinerseits einige Nachtdienste, den ersten am 19. Dezember.
Vorher keine Erfahrungen in der Pflege
Erfahrungen in der Pflege hat er bisher nicht gesammelt. Der gebürtige Kölner ist ausgebildeter Diplom-Forstwirt und seit vielen Jahren im Internationalen Begegnungszentrum (IBZ) St. Marienthal als pädagogischer Mitarbeiter für Umwelt- und Jugendbildung tätig. Helfen kann er dennoch - so zum Beispiel beim Umlagern der Bewohner. "Zusammen geht das schneller", meint der 48-Jährige.
Georg Salditt konnte den Pflegekräften auch Aufgaben abnehmen, für die sie selbst bei normalen Diensten kaum Zeit haben, geschweige denn in der Corona-Pandemie, die für sie eine deutliche Mehrbelastung bedeutet. "Eine Bewohnerin war gestürzt und ich habe eineinhalb Stunden auf sie aufgepasst bis der Arzt da war", berichtet der Ostritzer. Mit anderen Bewohnern konnte er ebenfalls ein bisschen länger reden. Sie seien ihm dafür dankbar gewesen. Während der Quarantäne durften die Senioren ihre Zimmer nicht verlassen, nur ein paar Mal am Tag konnten sie ein paar Worte mit den Heimmitarbeitern wechseln, wenn diese kurz vorbeischauten.
Besuchszeiten absichern
Mittlerweile können die Bewohner des Ostritzer Altenheims wieder Besuch empfangen. In der Cafeteria und der Hauskapelle, die momentan nicht genutzt werden, wurden Kabinen eingebaut, in denen die Heimbewohner und Besucher durch eine Plexiglasscheibe voneinander getrennt sind. Aber sie können sie zumindest sehen und miteinander sprechen.
Seit Weihnachten wurden an den Wochenenden Besuchszeiten angeboten. Auch dafür werden Freiwillige gebraucht - um beispielsweise die Bewohner von ihren Zimmern in den Besuchsraum zu bringen. Gemeindereferent Stephan Kupka koordiniert die insgesamt acht Helfer. Die Besuchszeiten vergibt das Heim nach telefonischer Anmeldung, Stephan Kupka obliegt die Aufgabe, die Freiwilligen einzuteilen. Und er kann dabei auch auf Georg Salditt zurückgreifen. "Es ist generell wichtig, dass die Senioren in Kontakt bleiben", findet Salditt.
Dass es meist die selben sind, die sich in Ostritz engagieren, will der 48-Jährige so nicht bestätigen. Er sei vielmehr überrascht, wie viele Einwohner "mitziehen". Der Prozentsatz ist nach seiner Einschätzung höher als in anderen Orten.
Verzicht auf Weihnachtsmessen
Mit dem "St. Antoni Stift" verband ihn bisher nicht so viel. Georg Salditt hat als Wahl-Ostritzer - er kam mit seiner Familie vor 22 Jahren in die Neißestadt - keine Verwandten im Altenheim. Mit dem Kirchenchor sang er in den vergangenen Jahren zumindest hin und wieder für die Senioren. Dass er keine große Beziehung zum "St. Antoni Stift" hatte, hinderte ihn aber nicht daran, zu helfen.
"Wenn es im eigenen Ort Probleme gibt, kann man ja schlecht weggucken", findet der 48-Jährige. Zu den Bewohnern fand er schnell Kontakt. "Das ist der Georg und er unterstützt uns heute", stellten ihn die Pflegekräfte vor. Damit war das Eis gebrochen. Um das Coronavirus nicht unfreiwillig im Heim zu verbreiten, verzichtete Georg Salditt dieses Jahr auf den Besuch der Weihnachtsmessen. Auch dort engagierte er sich in den Vorjahren - als Kommunion-Helfer. "Ich habe extrem darauf geachtet, dass ich mich nicht anstecke", sagt er. Einem gewissen Risiko setzte er sich während seiner freiwilligen Einsätze aus - denn im Ostritzer Heim gab es um Weihnachten herum noch Corona-Erkrankte. Diese Gefahr nahm er in Kauf. Die Hilfe sei ihm wichtiger als das eigene Wohl, meint der 48-Jährige.
(Quelle: Sächsische Zeitung vom 22.01.2021)