Von Reiner Hanke, Sächsische Zeitung
Kamenz. Als Einkaufszentrum und Spielhölle konnte sich die Hutbergpassage am Kamenzer Bönischplatz nicht etablieren. Immer mehr Bereiche standen leer. Jetzt kommt auf eine ganz andere Art Leben in die Räume. Der Caritasverband Oberlausitz hat in der Sorgen-Immobilie jetzt sein Kamenzer Beratungshaus eingerichtet.
Dafür war ein umfangreicher Umbau für eine erhebliche Summe nötig. Den finanzierte der Immobilieneigentümer, versetzte Wände und baute die Räume nach den Vorstellungen der Caritas komplett um. Die hat nun in Kamenz ein ganz neues Zentrum und mehr Angebote in der Sozialarbeit als je zuvor an einem Ort gebündelt, in hellen und freundlichen Räumen und mit deutlich besseren Voraussetzungen.
Dienstleistungen an einem Standort gebündelt
Die Caritas hat als Wohlfahrtsverband eine lange Geschichte in Kamenz, viele Jahre war sie in einer Villa auf der Haydnstraße zu finden, erklärt Andreas Oschika. Er ist Geschäftsführer des Verbandes. Der war unzufrieden mit den Bedingungen. Vor allem mangelte es an Barrierefreiheit. Das Gebäude war dafür schlicht nicht gebaut, es gab keine Toiletten für behinderte Menschen. Auch der Zugang war schwierig. Außerdem steht die Sanierung des Gebäudes an. Die hätte aber an den großen Defiziten nichts geändert. "Wir haben deshalb einen neuen Standort gesucht", sagt Oschika. Dabei habe das Kamenzer Citymanagement der Caritas sehr geholfen und die Hutbergpassage ins Spiel gebracht.
Auf rund 400 Quadratmetern Fläche bot sich hier Raum für Ideen. So zogen auch die Sozialstation und der Hospizdienst mit ins neue Beratungshaus. "Außerdem haben wir mit befreundeten Organisationen gesprochen und so die katholische Dompfarrei Sankt Petri Bautzen und die Caritas Görlitz mit der psychosozialen Kontakt- und Beratungsstelle ins Boot geholt", sagt Andreas Oschika. In diesem Bereich liefen in den vergangenen Tagen noch die letzten Vorbereitungen auf den Eröffnungstag, um noch ein paar Bilder an die Wand zu bringen, bevor die Gäste kommen.
In den Räumen treffen sich Menschen mit psychischen Erkrankungen, kochen miteinander, basteln, unternehmen Ausflüge und kommen heraus aus der Einsamkeit daheim. Dass einige davon überhaupt in den eigenen vier Wänden leben können, dafür sorgen der caritative Pflegedienst und Mitarbeiter des Christlichen Sozialwerks (CSW), die ebenfalls mit in die ehemalige Ladenpassage gezogen sind. Sie kümmern sich um den Alltag ihrer Schützlinge, die ein Handicap haben. Fünf CSW-Mitarbeiter starten dazu von den neuen Räumen aus.
Ansturm auf die Schuldnerberatung
Kay Seidel gehört dazu: "Wir schauen nach den Stärken und Schwächen und helfen den Menschen, ein selbständiges Leben zu führen. Sonst müssten viele ins Heim." Er begleitet sie zum Einkauf oder zum Arzt, nimmt sich Zeit zum Reden. Für eine Klientin habe er an dem Tag zum Beispiel eine Bandage besorgt, Geld abgehoben und ein Gespräch beim Arbeitgeber - einer Werkstatt für behinderte Menschen - geführt, berichtet er.
So greife jetzt im neuen Caritas-Haus vieles ineinander, sagt Geschäftsführer Oschika. Das sei jetzt viel präsenter. Zentrums- und bahnhofsnah gut erreichbar. Die Dienstleistungen konzentriert. Vier soziale Träger sind jetzt hier zu finden. Der Caritasverband Oberlausitz mit mehreren Angeboten. Alles barrierefrei mit nagelneuen Sanitärräumen und einem würdigen Ambiente für schwierige Themen.
Die Schuldnerberatung werde derzeit regelrecht gestürmt und müsse dringend aufgestockt werden, sagt Andreas Oschika und spricht von Wartezeiten von zwölf Wochen. Die Corona-Krise habe viele Menschen aus der Bahn geworfen. Durch Jobverlust und Kurzarbeit seien sie finanziell ins Schleudern geraten.
An der nächsten Tür steht Schwangerenberatung. Hier gebe es auch für Eltern mit Kindern bis zu drei Jahren Hilfe, wenn sie mit der Erziehung nicht klarkommen, erklärt der Geschäftsführer. Die Schwangerschaftsberatung habe auch sexualpädagogische Angebote für Schulen: "Das wird von den Lehrern sehr nachgefragt."
Am Mittwoch wird Eröffnung gefeiert
Eigentlich sollte die Eröffnung der Caritas-Geschäftsstelle schon eher stattfinden, musste aber wegen Corona verschoben werden. Nicht die einzige Auswirkung der Pandemie auf den Caritasverband Oberlausitz, der bisher von Corona-Fällen verschont blieb. Die Auswirkungen der Krise sind aber angekommen. Beispiel Seniorentreff Bautzen: Der musste wegen Corona eine Weile schließen. Aber auch danach seien viele alte Leute aus Angst vor einer Ansteckung nicht mehr wiedergekommen. Beispiel Pflege: Dort schlagen sich Verluste spürbar nieder. Wegen der Kurzarbeit haben etliche Angehörige die Pflege selbst übernommen. Auch mit staatlichen Hilfen lasse sich nicht alles kompensieren.
In der Beratungslandschaft zeichne sich außerdem die Kürzung von Fördermitteln ab. Dabei wachse gerade dort der Bedarf, sagt Andreas Oschika, und es treibt ihm Sorgenfalten ins Gesicht. Eine Schwierige Situation: "Wir werden kämpfen müssen." Die neuen Räume in der Hutbergpassage bieten dafür beste Voraussetzungen. So gibt es am Mittwoch mit Gästen bei der offiziellen Eröffnung viele Gründe zum Feiern. Ab Donnerstag steht dann wieder die caritative Arbeit im Mittelpunkt.