Gedanken zur Ausstellung "Keys of hope"
Bild-Quelle: Caritas International
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Wenn ich am Morgen das Haus verlasse, schließe ich die Tür ab und stecke den Schlüssel unbewusst in meine Handtasche. Beim Verlassen des Grundstücks denke ich meistens nicht darüber nach, ob ich am Nachmittag überhaupt zurückkehren werde oder ob hier dann noch alles beim alten ist. Warum sollte ich auch?
Wie würde es mir aber gehen, wenn ich plötzlich alles stehen und liegen lassen müsste? Wenn ich vor dem Krieg fliehen müsste, um mein Leben zu retten? Was würde ich in der größten Not mitnehmen? Wohin würde ich gehen? Wohin würde mein Weg mich führen und wie würde er sich gestalten? Einfach oder schwierig? Würde ich ihn zusammen mit meiner Familie beschreiten oder würden wir uns unterwegs verlieren? Würden alle am Ziel ankommen? Was würde uns dort erwarten? Und wie würden die Menschen mich dort begrüßen? Freundlich helfend oder mit hasserfüllten, gleichgültigen Gesichtern?
Mit diesen aufwühlenden Gedanken verließ ich die Fotoausstellung "Keys of hope" ("Schlüssel der Hoffnung"), welche der Caritasverband Oberlausitz e.V. im Begegnungszentrum im Bautzener Gesundbrunnen im Rahmen eines internationalen Sommerfestes zeigte. In der Ausstellung waren Porträts syrischer Flüchtlinge zu sehen, auf weiteren Bildern ihre Hände, in welchen sie ihre Haustürschlüssel hielten. Neben den ausgestellten Fotos wurden auf einem Fernseher Interviews mit diesen Flüchtlingen ausgestrahlt. Darin sprachen sie über ihr verlassenes Zuhause, ihre Wohnung oder ihr Haus, ihre Erinnerungen an die Heimat und die Zeit vor dem Krieg, über die Flucht und darüber, wie sie oft gerade so dem Tod entkommen sind, und über das Nichtwillkommen sein in einem fremden Land.
Dabei fiel sie niemandem leicht, die Entscheidung von zuhause weg zu gehen oder dort zu sterben. Der Haustürschlüssel ist oftmals das Einzige, das ihnen von ihrem Zuhause geblieben ist - eine Erinnerung an das Leben im Frieden.
Die Ausstellung hat mich sehr ergriffen. Plötzlich sind die Flüchtlinge auf dem Meer, von denen in den Medien immer berichtet wird, keine grauen namenlosen Gestalten ohne eigene Geschichte mehr. Ich stehe hier vor Bacel (24) aus Homs, Mahmud (39) aus Damaskus, Salim (42) aus Harasta oder Amal (29) aus Aleppo. Jeder von ihnen hat ein Gesicht, einen Namen und eine bewegende Geschichte zu erzählen. Jeder von ihnen hat durch den Krieg alles verloren. Und jeder von ihnen hat sich mit der Hoffnung auf ein besseres Leben auf einen gefährlichen Weg in eine unsichere Zukunft begeben.
Die Ausstellung bewegt mich immer wieder dazu über mein eigenes Leben nachzudenken. Wenn ich nun morgens aus dem Haus gehe, schließe ich die Tür und stecke mir den Schlüssel bewusst in meine Handtasche. Ich drehe mich beim Hinausgehen noch einmal um, schaue aufs Haus. Ich bin dankbar, dass ich hier in der Lausitz mein Zuhause habe, dass ich in einem Land lebe, in welchem Frieden herrscht. Ich hoffe, dass ich mir auch in Zukunft keine Gedanken um meine Sicherheit machen muss. Die Ausstellung hat mir auch gezeigt, welch teures Gut Heimat und Frieden sind und wie sehr die Flüchtlinge unsere helfende Hand benötigen.
Hintergrund: Die Ausstellung "Keys of hope" ist ein Projekt der Caritas International, welche damit auf die Not der syrischen Flüchtlinge aufmerksam machen will. Des Weiteren möchte sie damit ein Zeichen für menschliche Solidarität setzen und Spenden für die Internationale Flüchtlingshilfe sammeln. Die Bilder und Interviews der Ausstellung sowie weitere Informationen zum Projekt finden sich auch im Internet unter www.keys-of-hope.de
Felizitas Birkhofen